Neue Weltwirtschaftsordnung

Neue Weltwirtschaftsordnung
Neue Weltwirtschaftsordnung,
 
Abkürzung NWWO, Bezeichnung für die Konzeption der mehrheitlich in der Gruppe der 77 zusammengeschlossenen Entwicklungsländer (EL) zur Gestaltung der weltwirtschaftlichen Beziehungen. Anlass war deren zunehmende Kritik (u. a. im Rahmen der Dependencia-Theorien) am bestehenden System der internationalen Arbeitsteilung, das einseitig die Industrieländer (IL) begünstige. Die Forderungen der EL wurden v. a. auf Welthandelskonferenzen (UNCTAD) diskutiert und mündeten in zwei Erklärungen der UNO-Vollversammlung von 1974 (Erklärung und Aktionsprogramm zur Errichtung einer NWWO, Charta über die wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten).
 
Wesentliche Elemente einer NWWO sind: 1) wirtschaftliche Souveränität und Anerkennung der EL als gleichberechtigte Partner (Selbstbestimmung, Verfügungsgewalt über die Rohstoffe, Recht auf Verstaatlichung ausländischen Besitzes nach nationalstaatlichen Regelungen); 2) Selbstversorgung mit Nahrungsmitteln (Diversifizierung der Agrarproduktion, Finanzhilfen für ländliche Entwicklung); 3) Vereinbarung von Rohstoffabkommen zur Exporterlösstabilisierung (u. a. durch multilaterale Ankaufs- und Verkaufsverpflichtung, Schaffung von Bufferstocks), Förderung der Weiterverarbeitung der eigenen Rohstoffe, Billigung von Rohstoffkartellen; 4) Erhöhung des Anteils der EL an der Weltindustrieproduktion auf 25 % im Jahr 2000 besonders durch Direktinvestitionen, Kooperationen, Öffnung der Märkte für industrielle Halb- und Fertigwaren aus EL; 5) Erleichterungen im Außenhandel durch Abbau von Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen, Schaffung von Präferenzsystemen für EL, Kontrolle der Tätigkeit multinationaler Unternehmen, Verbesserung der Kooperation der EL untereinander; 6) Verbesserung des Technologietransfers durch Entwicklung angepasster Technologien, Ausbau von Forschung und Entwicklung in EL, Patent- und Lizenzerwerb durch EL zu Vorzugsbedingungen; 7) höhere Beteiligung der EL in den Bereichen Transport, Versicherungswesen und Tourismus; 8) Neuordnung des Weltwährungssystems durch mehr Mitbestimmung der EL beim Internationalen Währungsfonds, besserer Zugang zu den Kapitalmärkten, mehr Finanzmittel für den Zahlungsbilanzausgleich, Maßnahmen zur Bewältigung der Schuldenkrise (Schuldenerlass, Umschuldung); 9) Verbesserung der Entwicklungshilfe durch Erhöhung der Finanzmittel internationaler Entwicklungsorganisationen (z. B. Weltbank, regionale Entwicklungsbanken), Verwirklichung des Entwicklungshilfeziels der IL (0,7 % des Bruttosozialprodukts für öffentliche Entwicklungshilfe), effizienterer Einsatz der Finanzmittel. Verglichen mit den Forderungen sind die Erfolge der NWWO für die EL bescheiden geblieben. Gewisse Fortschritte wurden v. a. im Bereich des Außenhandels erzielt (Lomé-Abkommen). Mit der Welthandelsorganisation (WTO) soll ein transparenteres, verlässlicheres Welthandelssystem geschaffen werden, das den EL als den schwächeren Partnern einen besseren Marktzugang ermöglicht.
 
Weitere Informationen zu diesem Thema finden Sie v. a. auch in den folgenden Artikeln:
 
Entwicklungshilfe · Entwicklungspolitik · Nord-Süd-Konflikt · Schuldenkrise · Weltwirtschaft

Universal-Lexikon. 2012.

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